Zollschuld: Juristische Personen sind Zollschuldner bei vorschriftswidrigem Verbringen von Waren durch Mitarbeiter

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 25. Januar 2017 (Rs. C-679/15) entschieden, dass juristische Personen für das vorschriftswidrige Verbringen von Waren durch einen zuständigen Mitarbeiter haften. Ein Unternehmen werde demnach Zollschuldner, wenn ein Mitarbeiter innerhalb des ihm vom Arbeitgeber zugewiesenen Aufgabenbereichs und in Erfüllung von Weisungen Waren vorschriftswidrig verbringt.


Exportverantwortliche Mitarbeiter tragen die Verantwortung

Im Streitfall hatte ein exportverantwortlicher Mitarbeiter eines Unternehmens innerhalb der ihm übertragenen Verantwortlichkeit eine Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Union verbracht. Als Zollschuldner wurde zunächst das Unternehmen in Anspruch genommen. In Einklang mit seiner vorherigen Rechtsprechung entschied der EuGH, dass nach Art. 202 Abs. 3 erster Gedankenstrich des Zollkodex (jetzt Art. 79 Abs. 3 Unionszollkodex) die „Person”, die Waren vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht hat, auch eine juristische Person sein könne. Folglich komme als Zollschuldner jede „Person” in Betracht, die mit ihrem Verhalten den Grund für das vorschriftswidrige Verbringen der Ware gesetzt hat. Verbringt ein Mitarbeiter unter Beachtung der ihm vom Arbeitgeber übertragenen Aufgaben Waren vorschriftswidrig in das Zollgebiet, handelt der Mitarbeiter im Rahmen seines Zuständigkeitsbereichs im Namen und für Rechnung seines Arbeitgebers. Wurden die Waren von dem Mitarbeiter im Namen und für Rechnung seines Arbeitgebers vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Union verbracht, muss der Arbeitsgeber als die Person angesehen werden, die durch ihr Verhalten den Grund für dieses vorschriftswidrige Verbringen gesetzt hat. Daraus schlussfolgert der EuGH, dass der Arbeitgeber Zollschuldner nach Art. 202 Abs. 3 erster Gedankenstrich des Zollkodex sein kann, und zwar unabhängig davon, ob der zuständige Mitarbeiter gesetzlicher Vertreter der juristischen Person ist, bei der er angestellt ist.

Darüber hinaus ging der EuGH auf die Entlastungsmöglichkeit nach Art. 212a des Zollkodex (jetzt Art. 86 Abs. 6 Unionszollkodex) ein. Art. 212a Zollkodex sieht vor, dass eine zolltarifliche Begünstigung, eine Zollfreiheit oder eine sonstige vollständige oder teilweise Befreiung von Einfuhrabgaben auch im Falle eines vorschriftswidrigen Verbringens nach Art. 202 Zollkodex gewährt wird, sofern im Verhalten des Beteiligten weder betrügerische Absicht noch offensichtliche Fahrlässigkeit liegt und der Beteiligte nachweist, dass die übrigen Voraussetzungen für die Begünstigung, die Zollfreiheit oder die teilweise Abgabenbefreiung erfüllt sind. Um eine betrügerische Absicht bzw. eine offensichtliche Fahrlässigkeit nachzuweisen, stellt der EuGH nicht nur auf die Organe der juristischen Person ab, sondern rechnet einem Unternehmen auch das Verhalten eines angestellten Mitarbeiters zu, sofern dieser im Rahmen des ihm zugewiesenen Aufgabenbereichs mit dem Verbringen der Waren in das Zollgebiet befasst war.

 

Quelle:EuGH