Rettungsdecken sind keine Decken aus synthetischen Chemiefasern. – 4818 9090 00

Mit Urteil vom 04.09.2015 (Az.: 4 K 122/ 14) hat das Finanzgericht Hamburg über die Einreihung von Rettungsdecken entschieden. Diese werden nicht als andere Decken aus synthetischen Chemiefasern in die Position 6301 4090 KN eingereiht, sondern als Einmaldecke für chirurgische, medizinische oder hygienische Zwecke, in Aufmachung für den Einzelverkauf der TARIC-Code-Nr. 4818 9090 00 zugeordnet.


Wesentlicher Charakter der Ware ist für die Einreihung maßgeblich.

Im Ausgangsfall hatte die Klägerin eine verbindliche Zolltarifauskunft (vZTAe) für ihre importierten Rettungsdecken beantragt. Die Einreihung erfolgte in die TARIC-Code-Nr. 4818 9090 00. Später wurden die vZTAe jedoch zurückgenommen und die Rettungsdecken als andere Decken aus synthetischen Chemiefasern in die Position 6301 4090 der Kombinierten Nomenklatur (KN) eingereiht. Gegen diese Entscheidung ging die Klägerin mit ihrer Klage vor. Das Finanzgericht betonte zunächst, dass der Widerruf einer begünstigenden vZTAe im Grundsatz möglich ist, sofern die Zollverwaltung bei ihrem Erlass das geltende Zollrecht falsch angewandt hat. Das Gericht musste also die Einreihung der Rettungsdecken vornehmen. Denn die streitgegenständigen Decken bestehen aus verschiedenen Schichten. Während das Innere der Decken aus Papierlagen besteht, handelt es sich bei den Außenlagen um ein synthetisches Vlies-Gewebe. Damit würde nach Auffassung des Gerichts sowohl die TARIC-Code-Nr. 4818 9090 00, als auch die Position 6301 4090 KN ihrem Wortlaut nach auf die Decken passen. Für die richtige Einreihung komme es folglich darauf an, welcher der Stoffe für die Decke wesensbestimmend sei.

Die Papierlagen sind für Wärmefunktion charakterbestimmend.

Das Gericht identifizierte verschiedene Funktionen, die die Rettungsdecke erfüllen könnte. Neben der Wärmefunktion diene die Decke zum Aufsaugen von Flüssigkeiten und der Blockade von Rücknässung. Ebenso biete sie Sicht- und UV-Schutz. Die Rettungsdecke sei reißfest, wundverträglich und hautfreundlich. Entgegen der Einschätzung der Zollverwaltung kam das Gericht zu dem Schluss, die Wärmefunktion gehe maßgeblich von den Papierlagen aus. Zwar seien die Vlieslagen dicker und schwerer, hierauf komme es aber nicht an. Die Papierschichten seien luftundurchlässig und würden so – anders als das Vlies – besser Wärme am Körper des Patienten halten.

Die Wärme- und Aufsaugfunktionen stehen im Vordergrund.

Auch bei der Aufsaugfunktion, dem Sicht- und UV-Schutz sowie dem äußeren Erscheinungsbild der Decken war das Gericht der Überzeugung, dass die Papierlagen charakterbestimmend seien. Dagegen würden die Wundverträglichkeit und die Hautfreundlichkeit, ebenso die Reißfestigkeit der Decke ausschließlich durch das Vlies gewährleistet. Somit kam es auf die Frage an, welche der genannten Funktionen für die Decke wesensbestimmend ist. Hier setzte sich das Gericht mit der Verwendung der Decke in der Unfallsituation auseinander: Regelmäßig komme es darauf an, den Patienten vor Auskühlung zu schützen und Körperflüssigkeiten aufzusaugen. Im Vergleich dazu seien die anderen Funktionen der Decke zwar nicht gänzlich unwichtig, sie stünden bei der Verwendung aber nicht im Vordergrund. Somit komme es für die Einreihung vor allem auf die Papierlagen an. Im Ergebnis nahm das Gericht daher die Einreihung in die TARIC-Code-Nr. 4818 9090 00 vor und gab der Klägerin Recht.

Quelle: FG Hamburg